FamilienmediationIn Trennung und Konflikt neue Wege gehen

Eine Scheidung kostet neben viel Geld auch immer jede Menge Nerven. Viele Paare entscheiden sich daher für den Weg der Mediation. Hier werden die Konflikte nicht durch einen Richterspruch, sondern durch Gespräche beigelegt.

Familienmediation: In Trennung und Konflikt neue Wege gehen
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In Deutschland wir ungefähr jede dritte Ehe geschieden. Die emotionalen und finanziellen Kosten, die dabei entstehen, sind für alle Beteiligten sehr hoch. Seit einigen Jahren machen immer mehr Paare von der Möglichkeit Gebrauch, die Folgen ihrer Scheidung in einem Verfahren zu regeln, das Fairness verspricht: Mediation. Statt durch einen Richterspruch versuchen die Parteien dabei, die bei der Trennung auftretenden Probleme mit dem Partner im direkten Gespräch zu lösen. Zugrunde liegt Mediation ein altes Prinzip: die Lösung von Konflikten mit Hilfe eines neutralen Vermittlers (medius = lat. "in der Mitte sein, dazwischen sein, neutral, unparteiisch").

Ein Import aus den USA

Entstanden ist Mediation in den USA. Dort wurden in den 60er Jahren außer-gerichtliche Verfahren zur Lösung von Konflikten neu entdeckt. Das Familien- und Scheidungsrecht nahm dabei eine Vorreiterrolle ein. Den Weg nach Deutschland fand Mediation über amerikanische, italienische und israelische Familien-therapeuten, die das Verfahren auf Tagungen bekannt machten. In den 80er und 90er Jahren begannen amerikanische Trainer, darunter die Gründer Gary Friedman, John M. Haynes, Jack Himmelstein, Florence Kaslow und Stanley Cohen, Mediatoren auch hierzulande auszubilden. Im Jahr 1992 schließlich schlossen sich örtliche Arbeitsgruppen in der Bundesgemeinschaft für Mediation (BAFM) zusammen. Inzwischen gibt es in Deutschland verschiedene von der BAFM anerkannte Ausbildungsinstitute, in denen sich vor allem Angehörige psycho-sozialer Berufsgruppen und Juristen weiterbilden lassen.

Statt Wut und Bitterkeit

Am Beginn der Familienmediation stand die Unzufriedenheit mit der Praxis des bestehenden Scheidungsrechts. Viele Anwälte und Richter machten die Erfahrung, dass ein Familienrechtsprozess die Kluft zwischen den Partnern noch vergrößern kann.

Thomas Krebs, Familienrichter in Freiburg, weiß davon zu berichten: "Wenn Ehen auseinandergehen, befinden sich die Leute oft in einem schwierigen Ausnahme-zustand. Ein Lebenskonzept bricht zusammen. Oft schlägt der Frust über eine zuletzt sehr schwierig gewesene eheliche Beziehung um in Enttäuschung, Wut, Bitterkeit, Verzweiflung und Hass. Der Hass wird dann oft auf Nebenschauplätzen ausgetragen. Viele der Familiengerichtsprozesse sind Stellvertreterkämpfe um die gescheiterte Beziehung." Eine Mediation, die direkt bei den zu regelnden Trennungsfolgen ansetzt, hilft den Paaren oft mehr, meint Krebs. Nur in einigen Fällen hält er das Verfahren für ungeeignet, zum Beispiel wenn die gegenseitige Abneigung so tief sitzt, dass keine Auseinandersetzung mehr möglich ist, oder wenn eine Partei nicht in der Lage ist, ihre Interessen angemessen zu vertreten.

Selbst bestimmen, wie es weitergeht

Mediation will die Konfrontation vor Gericht durch einen einvernehmlichen Interessenausgleich ersetzen. Dabei verhandeln die Konfliktpartner unmittelbar miteinander und gestalten die Lösung gemeinsam. "Mediation bringt die Entscheidungsfindung dorthin zurück, wo sie hingehört", so Gary Friedman in einem Interview mit der Zeitschrift KON:SENS. Er sieht seine Aufgabe als Mediator darin, "die Klienten in die Lage zu versetzen, trotz tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten die Entscheidungen selbst zu treffen, die ihr Leben betreffen."

Wird ein Trennungskonflikt autonom und gemeinsam gelöst, erhöht sich auch die Zufriedenheit mit dem Ergebnis. Bei einem Familienrechtsprozess gibt es Gewinner und Verlierer. Das kann die Legitimität der Entscheidung gefährden, zum Beispiel wenn eine Partei sie nicht akzeptiert, verletzt oder in Berufung geht. Das hat schmerzhafte Folgen für alle Beteiligten, vor allem für die Kinder. Besonders sie profitieren davon, wenn Eltern ihre Trennung einvernehmlich gestalten und so die Basis für eine gute zukünftige Zusammenarbeit legen.

Ein Mediationsverfahren gliedert sich in drei Phasen: eine Eingangs-, Verhandlungs- und eine Schlussphase. Am Beginn der Mediation schließen die Partner und der Mediator eine Art Arbeitsvertrag, in dem sie sich zur Einhaltung der Grundregeln der Mediation verpflichten: der Freiwilligkeit, Eigenverantwort-lichkeit, Offenheit und Informiertheit der Parteien sowie der Neutralität und Verschwiegenheit des Mediators. In mehreren Sitzungen werden dann die Streitfragen erörtert, Lösungsmöglichkeiten entwickelt und am Ende ein Vertrag formuliert, den beide Partner unterzeichnen. Während der Gespräche nimmt der Mediator die Rolle des Vermittlers ein, er ist gewissermaßen der "Regisseur" der Verhandlungen, seine Position ist zwischen den Stühlen.

Verhandlungsbereitschaft vorausgesetzt

Das Ziel einer Scheidungsmediation ist es, Lösungen für die Probleme zu finden, die sich aus einer Trennung ergeben: Vermögensaufteilung, Versorgungs-ausgleich, Unterhalt für die Kinder und den Ehepartner sowie Sorge- und Umgangsrechtsregelungen. Voraussetzung ist die Bereitschaft beider Parteien, sich offen und ehrlich mit dem Partner auseinander zu setzen und die Bedürfnisse und Interessen der anderen Seite zu akzeptieren. Nach einer gescheiterten Beziehung ist das nicht immer leicht. "Wenn die Paare hier anfangen, streiten die heftig miteinander", berichtet Doris Morawe, Rechtsanwältin und Mediatorin in Freiburg. Trotzdem entscheiden sie sich dafür, gemeinsam an einer einvernehmlichen Lösung ihres Konflikts zu arbeiten. "Die Paare wollen Eltern bleiben und auch nach einer Trennung gut miteinander umgehen können", erklärt Morawe.

Dass Mediation in Deutschland eine Zukunft hat, darüber sind sich die Fachleute einig. Krebs sieht darin eine positive Entlastung für die Familienrichter, befürchtet allerdings nicht, arbeitslos zu werden. Auch nach Auffassung von Sabine Zurmühl, Geschäftsführerin der BAFM, liegt Mediation im Trend. Für sie ist das Verfahren Ausdruck einer konstruktiven Streitkultur, für die eine Gesellschaft bereit sein muss. "Es gibt eine große Aufnahmebereitschaft für die Idee", so ihre Prognose.

kizz Info

Weitere Informationen über Mediation sowie Adressen von Mediatoren und Mediatorinnen sind bei der BAFM erhältlich:

Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e.V., BAFM, Spichernstr. 11, 10777, bafm@bafm-mediation.de, www.bafm-mediation.de

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