RollenspieleWas Kinder dabei lernen können

Rollenspiele sind für Kinder ein spielerischer Weg, Sprache und Fähigkeiten zu schulen. Das Schlüpfen in verschiedene Rollen ist ein wichtiger Bestandteil in der Entwicklung und für das Verständnis anderer Personen.

Rollenspiele: Was Kinder dabei lernen können
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"Kindchen, nicht weinen! Gleich gibt's guten Pudding!" Die dreijährige Julia steht in ihrem Zimmer am Spielherd und rührt eifrig in einem Plastiktopf. Nach einer Weile dreht sie den Schalter herum und zieht den Topf von der Herdplatte. Rasch füllt sie den (imaginären) "Pudding" in ein Schüsselchen, schnappt sich einen kleinen Löffel und setzt sich an den Spieltisch, wo ihr hungriges "Kind" - in Gestalt ihrer Lieblingspuppe - schon ungeduldig auf sein Essen wartet. "Hoppla, dein Lätzchen! Das müssen wir noch umbinden! Warte, gleich hab ich's! - So, jetzt mach schön den Mund auf: Aaaaa! Na, wie schmeckt das?"

Julia ist so vertieft in ihr Spiel, dass sie gar nicht bemerkt, wie ihre Mutter sie verstohlen beobachtet. Erstaunlich, wie sicher die Kleine jeden Handgriff beherrscht und welche Fürsorge sie im Umgang mit ihrem "Kind" an den Tag legt! Wie es scheint, hat Julia ihrer Mama immer sehr genau zugeschaut, wenn diese ihr kleines Brüderchen versorgte - und eine Menge dabei gelernt.

Tatsächlich haben Rollenspiele eine große Bedeutung für die Entwicklung von Kindern. Schon Zweieinhalbjährige beginnen auf diese Weise, sich mit der Welt der Erwachsenen auseinanderzusetzen. Beim spielerischen Kochen, Waschen oder Einkaufen etwa üben sie unermüdlich neue Handlungsabläufe ein. So tasten sie sich erstmals in die Aufgabenwelt der Erwachsenen vor und bekommen eine Vorstellung davon, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Auch das Sozialverhalten des Kindes wird beim Rollenspiel gefördert: Es lernt, Gefühle anderer wahrzunehmen und darauf einzugehen, und übt auf diese Weise Rücksicht und Einfühlungsvermögen. Umgekehrt kann es im Spiel auch eigene Gefühle zeigen und zum Ausdruck bringen. Nicht zuletzt wird die Fantasie des Kindes angeregt, wenn es sich immer neue Figuren ausdenkt, in deren Rolle es hineinschlüpft.

Nicht auf die Ausstattung kommt es an

Als Eltern können Sie die Entwicklung ihres Kindes also sehr gezielt fördern, indem Sie es zum Rollenspiel ermuntern - und sich gelegentlich auch selbst daran beteiligen. Eine gute Möglichkeit bietet zum Beispiel das beliebte Kaufladenspiel. Meist bevorzugt das Kind dabei die Rolle des Verkäufers: Es fragt den Kunden nach seinen Wünschen, holt die Waren aus dem Regal, bestimmt den Preis und kassiert das Geld ein. Auch hier können Sie vieles über den aktuellen Entwicklungsstand Ihres Kindes erfahren, zum Beispiel über seine sprachliche Entwicklung: Wie gut ist Ihr Kind in der Lage, Gehörtes aufzunehmen und darauf zu reagieren, beispielsweise wenn Sie als "Kunde" einen Wunsch äußern ("Ich möchte bitte drei Äpfel und ein Brot!")? Wie groß ist sein aktiver Wortschatz, wie verständlich kann es sich ausdrücken?

Apropos Kaufladen: Auf die Ausstattung kommt es beim Rollenspiel meist gar nicht so sehr an. Requisiten können zwar den Einstieg ins Rollenspiel und die Identifikation mit der Rolle erleichtern, doch umgekehrt kann eine allzu perfekte Ausstattung die Fantasie des Kindes auch blockieren. Viel besser ist es daher, wenn das Kind zum Improvisieren angeregt wird, indem es Gegenstände einfach umfunktioniert: Aus einem Pappkarton wird eine Theke, aus Bauklötzen werden verpackte Waren, aus Spielsteinen werden Münzen … Das Gute am Rollenspiel ist ja, dass es weder an Gegenstände noch an Orte gebunden ist. Es kann in jeder Umgebung stattfinden - sei es im Kinderzimmer, im Keller, im Restaurant oder in einem Wartezimmer.

Am intensivsten erleben Kinder das Rollenspiel jedoch in der freien Natur. Vielleicht erinnern Sie sich ja, wie Sie selbst als Kind gemeinsam mit anderen durch Wald und Wiesen gestreift sind und dabei Indianer, Detektiv oder Schatzsucher gespielt haben? Auch heute hat das Rollenspiel im Freien seinen Reiz, ganz besonders, wenn Spielkameraden dabei sind. Hier entstehen solche Spielideen häufig ganz spontan, sodass es an vorgefertigten Requisiten meist gänzlich fehlt. Der Fantasie ist umso mehr Raum gegeben: Da wird ein Baumstumpf zum Kanu, ein abgebrochener Ast zum Ruder, ein Häuflein Kieselsteine zum gesuchten Schatz. Lässt sich eine Requisite gar nicht durch natürlich vorhandene Gegenstände ersetzen, wird sie eben durch entsprechende Gesten ersetzt. Hier zeigt sich erneut, wie viel Kreativität und Förderpotenzial das Rollenspiel in sich birgt. Nebenbei kann das Kind beim Laufen, Springen und Verstecken im freien Gelände auch seine Sinneswahrnehmung, Geschicklichkeit und Körperkoordination üben.

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